Geschichte der Kinderrechte​

Geschichte der kinderrechte

Der Weg bis zur heutigen Anerkennung der Kinderrechte war lang und steinig – doch er zeigt auch, wie sehr sich unsere Gesellschaft in puncto Kinderschutz und kindliche Entwicklung gewandelt hat.

Das Bild des Kindes im Mittelalter – Ein langer Weg zur Anerkennung der Kinderrechte

Wie sah eigentlich die Kindheit im Mittelalter aus? Eine romantisierte Vorstellung von unbeschwertem Spiel, liebevoller Erziehung und Schulunterricht? Ganz und gar nicht. Kinder wurden lange Zeit kaum als eigene Persönlichkeiten wahrgenommen. Sie galten eher als kleine Erwachsene – mit entsprechenden Erwartungen, Pflichten und Belastungen. Der Weg bis zur heutigen Anerkennung der Kinderrechte war lang und steinig – doch er zeigt auch, wie sehr sich unsere Gesellschaft in puncto Kinderschutz und kindliche Entwicklung gewandelt hat.

Kinder im Mittelalter: Mini-Erwachsene im Alltag

Noch vor rund 400 Jahren gab es kaum eine klare Trennung zwischen der Welt der Kinder und der der Erwachsenen. Kinder kleideten sich wie Erwachsene, nahmen an denselben Aktivitäten teil und waren überall dort anzutreffen, wo auch ihre Eltern arbeiteten oder sich aufhielten – ob in Werkstätten, auf Märkten oder Lokalen. Spielräume, Bildung oder gezielte Förderung? Fehlanzeige. Für viele Kinder bedeutete der Alltag auch: mithelfen oder sogar betteln. Nicht selten wurde ihnen bereits in jungen Jahren beigebracht, wie man sich auf der Straße durchschlägt. Eine behütete Kindheit war für die meisten schlichtweg unvorstellbar.

Aufklärung und Revolution: Die ersten Schritte in Richtung Kindheit

Mit der Aufklärung und der Französischen Revolution kam Bewegung in das Bild von Kindheit. Die Erklärung der Menschenrechte war ein erster, wenn auch noch indirekter, Meilenstein. Zwar wurden Kinder darin nicht ausdrücklich erwähnt, doch erstmals wurde die Idee formuliert, dass alle Menschen – und damit auch Kinder – gewisse Grundrechte besitzen. Diese Entwicklung hatte erste konkrete Auswirkungen: Das Jugendstrafrecht wurde vom Erwachsenenstrafrecht getrennt, und auch im Bereich der Kinderarbeit gab es Fortschritte. In Großbritannien etwa wurde die Fabrikarbeit für Kinder unter neun Jahren verboten – ein bedeutender Schritt im Kampf gegen Ausbeutung.

Industrialisierung und Schulpflicht: Kinderrechte rücken in den Fokus

Mit dem Fortschreiten der Industrialisierung im 20. Jahrhundert begann sich ein neues Verständnis durchzusetzen: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sondern brauchen besonderen Schutz – und vor allem Bildung. Die Einführung der allgemeinen Schulpflicht veränderte die Lebensrealität vieler Kinder nachhaltig. Der Fokus verlagerte sich langsam von Pflichten hin zu Rechten. Ellen Key, eine schwedische Reformpädagogin, prägte den Begriff des „Jahrhunderts des Kindes“ und rief damit zu einer neuen Sichtweise auf. Auch andere Pädagog*innen wie Janusz Korczak, Alexander Neill und Eglantyne Jebb setzten sich intensiv für die Rechte der Kinder ein und leisteten wertvolle Pionierarbeit.

Völkerrechtlicher Schutz: Erste internationale Abkommen

Das wachsende internationale Interesse an den Rechten von Kindern führte bald zu konkreten rechtlichen Regelungen. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wurden erste Abkommen geschlossen, wie das Haager Abkommen zur Vormundschaft über Minderjährige (1902) oder das Internationale Übereinkommen gegen Mädchenhandel (1910). Besonders hervorzuheben ist hier die Children’s Charta, entworfen von Eglantyne Jebb. Sie übergab sie 1924 dem Völkerbund mit dem Appell, Kinderrechte universell anzuerkennen. Daraus entstand die sogenannte Genfer Erklärung, die grundlegende Rechte in Bezug auf das Kindeswohl formulierte. Zwar hatte diese keine rechtliche Verbindlichkeit, markierte jedoch einen symbolischen Meilenstein.

Die Rolle der UNO: Der Schutz von Kindern wird zur Weltaufgabe

Nach dem Scheitern des Völkerbundes übernahm die 1945 gegründete UNO die Verantwortung für den internationalen Menschenrechtsschutz – und damit auch für die Belange der Kinder. Schon ein Jahr später wurde UNICEF gegründet, um den vom Krieg betroffenen Kindern zu helfen. Heute ist das Kinderhilfswerk ein fester Bestandteil der UN-Struktur. 1948 folgte die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die in Artikel 25 Absatz 2 ausdrücklich auf den besonderen Schutz von Mutter und Kind hinwies. Dennoch dauerte es noch weitere Jahrzehnte, bis Kinderrechte in einem rechtsverbindlichen Rahmen verankert wurden.

Von der Erklärung zur Konvention: Der lange Weg zur rechtlichen Verbindlichkeit

Obwohl 1959 von der UN-Generalversammlung einstimmig eine Erklärung der Rechte des Kindes verabschiedet wurde, blieb auch diese – wie bereits die Genfer Erklärung – ohne rechtliche Bindung. Das bedeutete: Es handelte sich eher um eine moralische Verpflichtung als um ein einklagbares Recht. Kinderrechte blieben weiterhin ein Ideal, kein einklagbarer Standard.

In Deutschland etwa war körperliche Züchtigung von Kindern noch bis 1983 gesetzlich erlaubt. Erst durch gesellschaftliche Bewegungen wie die Kinderladenbewegung in den 1970er Jahren und durch die Diskussion um antiautoritäre Erziehung rückte das Thema wieder stärker in den Fokus der Öffentlichkeit. In der DDR hingegen war körperliche Gewalt bereits seit 1949 untersagt – ein bedeutsamer Unterschied zwischen Ost und West in Bezug auf den Schutz von Kindern.

Der Wendepunkt: Die UN-Kinderrechtskonvention von 1989

Ein historischer Moment: Am 20. November 1989 – exakt 30 Jahre nach der unverbindlichen Erklärung – verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die UN-Kinderrechtskonvention. Sie ist bis heute das wichtigste und umfassendste Menschenrechtsinstrument für Kinder.

Sie enthält 54 Artikel, die Kinder nicht nur als schutzbedürftig, sondern auch als Träger eigener Rechte anerkennen: das Recht auf Bildung, auf Schutz vor Gewalt, auf gesundheitliche Versorgung, auf Beteiligung, auf Spiel und Freizeit sowie auf eine gewaltfreie Erziehung. Die Konvention trat am 2. September 1990 in Kraft – nach der 20. Ratifizierung durch ein UN-Mitglied. Seitdem ist der 20. November der Internationale Tag der Kinderrechte.

Die meist ratifizierte Konvention der Welt

195 Staaten haben die Kinderrechtskonvention bis heute unterzeichnet – darunter auch die Bundesrepublik Deutschland. Damit ist sie die am häufigsten ratifizierte Konvention weltweit. In Deutschland war die Zustimmung jedoch zunächst mit einem Vorbehalt versehen. Die Bundesregierung schränkte einige Rechte aufgrund des Familien- und Ausländerrechts ein – darunter Regelungen zur Trennung von Eltern, zum Umgangsrecht, zur Familienzusammenführung und zum Schutz von Flüchtlingskindern.

Kritiker bemängelten, dass damit zentrale Prinzipien der Konvention ausgehöhlt würden. Erst am 15. Juni 2010 wurde dieser Vorbehalt offiziell zurückgenommen – ein Meilenstein für den umfassenden Schutz aller Kinder in Deutschland.

UN-Kinderrechte in Deutschland: Zwischen Anspruch und Realität

Die Kinderrechtskonvention ist in Deutschland zwar gültig – aber noch immer nicht explizit im Grundgesetz verankert. Es gab wiederholt politische Bestrebungen, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, doch eine entsprechende Reform scheiterte bisher immer wieder an parteipolitischen Differenzen. 

Viele Kinderrechtsorganisationen wie UNICEF, Terre des Hommes oder das Deutsche Kinderhilfswerk fordern daher eine ausdrückliche Festschreibung der Kinderrechte im Artikel 6 des Grundgesetzes – um ihnen Vorrang und Verbindlichkeit im politischen und juristischen Alltag zu geben. Trotzdem gibt es auch positive Entwicklungen: Gewaltfreie Erziehung ist gesetzlich garantiert, das Jugendschutzgesetz wurde mehrfach reformiert, und durch Programme wie „Frühe Hilfen“ oder Kinderschutzambulanzen wird gefährdeten Kindern besser geholfen als je zuvor.

Fazit: Kindheit ist heute ein geschützter Lebensabschnitt – aber nicht überall

Der Weg vom mittelalterlichen Bild des Kindes als kleines, arbeitendes Familienmitglied bis hin zu einem rechtlich geschützten Subjekt war lang. Heute gelten Kinder weltweit als eigenständige Persönlichkeiten mit Rechten – zumindest auf dem Papier.

Doch die Realität zeigt: Es bleibt noch viel zu tun. Ob Kinderarmut, fehlender Zugang zu Bildung, Gewalt oder Ausgrenzung – Kinderrechte sind auch heute noch keine Selbstverständlichkeit. Umso wichtiger ist es, weiter für sie einzutreten.

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